2017-03-19

Versöhnlicher Mutmacher

Na also. Das war eine gute Reaktion von Wendt und Co. auf das bittere Aus in der Euro League.
Die Art und Weise, wie der VfL heute aufgetreten ist - engagiert, unermüdlich kämpfend, laufstark und tapfer - das hat mich mit der sieglosen Scheiß-Woche versöhnt, auch wenn das Prestige-Spiel gegen die Münchner Alleskönner verloren ging. Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet die ausgepowerte Verlegenheitself die Bayern hätte in die Schranken weisen können war ohnehin nur gering. 
Unter diesen Vorzeichen hat Borussia eine hervorragende Partie abgeliefert, die trotz der erwartbaren Überlegenheit der Gäste bis zur letzten Sekunde offen war. Und dafür muss man neben den üblichen Leistungsträgern Sommer, Vestergaard, Christensen, Wendt, Jantschke auch denen Lob zollen, die in den vergangenen Wochen eher schlecht weggekommen sind oder oft außen vor waren. Josip Drmic hat heute in der kurzen Einwechselzeit ausschließlich gute Aktionen gehabt, der junge Benes zeigte in wenigen Minuten schon, warum man so große Hoffnung auf ihn setzen kann. Elvedi verteidigte bravourös gegen Ribery und wer sonst da noch über seine Seite kommen wollte. Strobl agierte sicherer als in seinen ersten Einsätzen unter Hecking. Und Thorgan Hazard unterstrich eindrucksvoll, was unserem Team ohne ihn fehlt.

Und André Hahn? Der rackerte sich auf der ungewohnten Position als defensiver Außenstürmer gegen Robben und Lahm hoffentlich heute aus seinem unerklärlichen Tief. Viele gelungene Zweikämpfe nach hinten, toller läuferischer Einsatz, ein paar sehr gute Ansätze nach vorne: Das war für ihn heute ein Spiel, um durch die Basics des Fußballs wieder Selbstvertrauen zu tanken und die schwachen Einsätze zuletzt aus dem Kopf zu bekommen.

Dazu die Erkenntnis, dass die Verlegenheits-Doppelsechs mit Strobl und Jantschke auch dem Übermittelfeld der Bayern ganz gut Paroli bieten konnte. Die Abwehr ist ohnehin von Woche zu Woche stärker geworden. Wer dem Offensivquartett Robben, Lewandowski, Ribery und Müller weitgehend den Zahn zieht, so wie das heute in den meisten Szenen gelang, der hat etwas geleistet. Und wenn man das Spiel heute mit dem der Hinrunde vergleicht, dann liegen Welten dazwischen - auch wenn es im Ergebnis nur ein Tor Unterschied macht. In der Hinrunde war Borussia ein Spielball der Bayern, kam selten in die Zweikämpfe und noch seltener an den Ball. Nur der Schludrigkeit der Münchner war es damals zu verdanken, dass es nur ein 0:2 wurde und kein Debakel.
Das macht Mut. 

Bliebe als einziger "Verlierer" des heutigen Spiels Jonas Hofmann, der zwar wieder immens fleißig war, aber stets zielsicher die falsche Option wählte, wenn es nach vorne hätte gefährlich werden können. Er war eigentlich an jedem Konter beteiligt, doch es fehlte dann immer das effektive Zuspiel oder auch der Pass zum richtigen Zeitpunkt. Verdammen muss man ihn deshalb nicht. Denn er bekam nach langer Zeit als Verletzter bzw. Reservist zuletzt ungewohnt viel Spielzeit. Das merkte man ihm heute in Form der fehlenden mentalen Frische leider etwas an. Sei's drum, Hofmann ist eine positive Erscheinung im gebeutelten Gladbacher Kader, was auch zeigt, dass sich Geduld mit Spielern meist auszahlt. Hoffen wir, dass auch bei Josip Drmic demnächst der Knoten so richtig platzt. Verdient hätte er es.

Die knappe Niederlage, die vor allem in den letzten zehn Spielminuten nochmal ziemlich auf der Kippe zum 1:1 stand, war dennoch das Ergebnis, mit dem wir nach dem dummen 1:2 beim HSV und dem noch ärgerlichen 2:2 gegen Schalke am besten leben können. Die Abstände nach oben sind trotz zweier siegloser Bundesliga-Wochenenden nicht unüberbrückbar groß geworden, die nach hinten (zumindest auf Platz 16) nicht zu knapp geworden. 
Nach der Länderspielpause warten auf hoffentlich gut erholte Borussen dann die wohl für den Ausgang der Saison entscheidenden Spiele gegen die direkten Konkurrenten vor dem VfL - Frankfurt, Hertha und diese Mannschaft mit dem K im Namen. Wäre schön, wenn wir die nicht auch wieder unter erschwerten Bedingungen, sprich in Personalnot, angehen müssten. In Normalbesetzung sollten die Hecking-Schützlinge sich in diesen drei Spielen zumindest gegenüber der unteren Tabellenhälfte endgültig absichern können. Und das muss nach wie vor das erste Saisonziel sein.

Bundesliga 2016/17, 25. Spieltag (19.3.17): Borussia Mönchengladbach - Bayern München 0:1

2017-03-17

Borussia, wir haben ein Problem!

Wir bleiben uns treu! Borussia und die Tragik des Ausscheidens - das gehört offenbar zusammen. Wieder einmal war es sooo unnötig, in einem Pokalwettbewerb die Segel zu streichen. Wieder einmal kann man Unglück, dumme Umstände und Benachteiligungen für das Aus verantwortlich machen. Aber man sollte es nicht tun.

Der VfL hat sich das gestern und vergangene Woche selbst eingebrockt. Das Achtelfinale gegen Schalke war in beiden Spielen ein Duell zweier Mannschaften auf Augenhöhe, die jeweils phasenweise deutliche Schwächen offenbarten. Auf Gladbacher Seite waren das unter dem Strich zu viele, wenn auch kaum mehr als beim Gegner. 
Zweimal konnte man eine Führung nicht ins Ziel bringen, weil man sich gegen den Druck des Gegners nicht effektiv zu wehren verstand. Die Borussen hatten in beiden zweiten Halbzeiten in entscheidenden Momenten nicht genug zuzusetzen, um das deutsche Euro-League-Duell frühzeitig (oder überhaupt) für sich zu entscheiden. Die Chancen dazu waren in beiden Spielen da, und das muss sich die Mannschaft ankreiden lassen. Natürlich waren einige spielbeeinflussende Faktoren dabei, auf die ein Spieler wenig Einfluss hat - zwei renommierte Schiedsrichter mit überaus schwachen Leistungen und Fehlentscheidungen. Und als Krönung der schon legendäre Platzfehler, den Ralf Fährmann unabsichtlich wohl beim Aufwärmen fabriziert hat. Da rutschte er einmal weg, trat dabei ein Stück Rasen heraus, das er anschließend wieder andrückte. Ich habe diese Szene zufällig vor dem Spiel beobachtet, die besagte Stelle war ziemlich genau dort, wo der Ball später für Yann Sommer eine unerreichbare Flugbahn einschlug. 

All das passt natürlich zu Borussias Hang zum tragischen Scheitern.

Trotzdem: Das Ausscheiden durch zwei Unentschieden ist kein Beinbruch, die Bilanz der internationalen Auftritte ist insgesamt sehr positiv, es war eine gute CL-Vorrunde unter verschärften Bedingungen und immerhin gelang erstmals der Sprung unter die letzten 16 im Euro-League-Wettbewerb. Das bewahrt uns nicht davor, erneut kopfschüttelnd zurückzuschauen, weil der VfL in entscheidenden Situationen trotz guter Ausgangslage immer wieder versagt.

Gestern allerdings kam noch etwas anderes dazu, das mich sehr nachdenklich gemacht hat. Es hat mich zum Titel dieses Beitrages, leicht abgewandelt vom legendären Apollo-13-Funkspruch in Richtung "Houston", inspiriert.
Die Vorstellung von einer heilen Borussia-Familie, die wir uns in den vergangenen Jahren - auch durch einige fantastische Erlebnisse im Stadion und auswärts aufgebaut haben, hatte schon deutliche Risse. Nun scheint sie am zerbröseln zu sein. Borussia, wir haben ein Problem! Und das zeigt sich nicht zuletzt am Support der Fans bei einer solchen Gelegenheit.





Man kann sagen, die Mannschaft hat gestern die nötige Reife vermissen lassen, um sich international durchsetzen zu können. Man kann sagen, die Mannschaft hatte nicht die Mittel, sich der Schalker Laufbereitschaft und der Aggressivität besser zu erwehren. Aber was die Fans im Park gestern angeht, da muss ich sagen: Das war die schlechtere Vorstellung. Natürlich kann ich es nur so wiedergeben, wie ich es von der Süd aus erlebt habe. Stimmungsmäßig war das weder eines Bundesligaspiels noch eines internationalen Saisonhighlights würdig.
Somit haben die Schalker nicht nur auf dem Platz das bessere Ende für sich gehabt, sondern auch auf den Rängen einen Punktsieg davongetragen. Und das sage ich wahrlich nicht gern. 
Ich weiß nicht, woran es liegt, dass der Funke von der Nordkurve seltener überspringt oder von dort gar nicht zündet. Ich bin ja nur selten im Stadion, aber wenn, dann bin ich bereit, mir die Seele aus dem Leib zu schreien, um meine Mannschaft zu unterstützen. Gerade auch dann, wenn es nicht so läuft. Das geht bei 46000 oder 54000 Menschen aber nur, wenn jemand den Ton angibt. Dazu ist die Nordkurve da, mit den aktivsten Fangruppen und denen, die jede Woche für Borussia Gas geben.
Gestern fiel die Nordkurve als Einpeitscher für das Stadion bis auf wenige Minuten aus. Nur der harte Kern hinter dem Tor war von der anderen Seite aus zu sehen und zu hören, stimmliche Wucht kam von der Nord aber kaum. Zweimal starteten Fans auf der Südkurve sogar (erfolgreich) einen Gesang, um den Schalkern nicht ganz das Feld zu überlassen. Nicht einmal der sonst so sicher funktionierende Wechselgesang "Vau-Eff-Ell" kam zustande. Kann es das sein, in so einem Spiel?
In den Spielen, die ich in den vergangenen (erfolgreichen) Jahren live gesehen habe, hat sich die Stimmung verändert. Die Gesänge wurden vielleicht nicht unbedingt weniger durchschlagskräftig, aber weniger ausdauernd. Das Absingen der Lieder und Schlachtrufe wurde eintöniger, immer wieder sind die gleichen zu hören, und oft immer wieder die, die man abgewandelt in jedem Stadion hört. Manchmal stehen sie nicht mal in Verbindung zum Spielverlauf. Oder mit Anpfiff wird einmal das ganze Repertoire rausgehauen und danach bleibt vieles irgendwie halbherzig oder verstummt abrupt. 

Gestern nun drangen viele Gesänge aus dem Norden gar nicht bis auf die andere Seite des Stadions vor. Es wirkte, als machte nicht die gesamte Kurve mit. Vielleicht kann mir jemand erklären, was da los war, ich bin ja schließlich kein Insider, was die Befindlichkeiten innerhalb der Ultra- und anderen Fangruppen angeht. Ich unterstütze deren Engagement und auch deren Sichtweise in vielen Dingen, weil sie es sind, die das Gänsehauterlebnis Fußball im Stadion überhaupt noch möglich machen. 
So schlapp wie gestern möchte ich es im Stadion einfach nicht erleben. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass die Stimmung im Park gefürchtet und auch bewundert wird. Nur zugucken kann ich am Fernseher auch.

Womit ich bei einem zweiten Phänomen bin, das sicherlich auch mit der Entwicklung der Stimmung im Stadion zu tun hat. Wenn man in so einem Spiel naturgemäß oft aufsteht und hinter einem jaulen sofort irgendwelche Leute rum, dass man sich doch wieder hinsetzen soll, dann ist das nur schwer erträglich.  Wenn während des Spiels ständig Leute durch die schon engen Reihen durchwollen, weil ihnen Bier, Pommes oder das Klo wichtiger sind oder der kleine Vorteil, schneller am Parkplatz oder am Wurststand zu sein, ist das Mist. Wenn Leute sich mehr für ihr Handy als für den Spielverlauf interessieren, sowieso.
All das hat es schon immer gegeben. Aber diese Leute werden gefühlt immer mehr. Das ist offensichtlich der Preis des Erfolges, der Preis dafür, dass es gerade hip ist, zum VfL zu gehen. Und wenn ich dann noch das aggressive Verhalten vieler Borussia-Fans untereinander in den Kommentarspalten bei Facebook und Co. sehe, frage ich mich schon, wohin das auf Dauer führt.


Vielleicht braucht es ja Denkanstöße wie diese letztlich peinliche Performance auf den Rängen. Vielleicht auch Ideen von außerhalb, um daran wieder etwas zu ändern. Vielleicht eine gemeinsame Plattform im Internet, wo man sich als Normalfan mit den aktivsten Fangruppen austauschen kann, ohne dass man hier oder dort bei sachlicher Kritik gleich eingeschnappt ist. Vielleicht wäre ein Wettbewerb für neue Schlachtgesänge und Lieder eine Idee. Oder Verbindungspersonen in der Südkurve, die den Support auch von dort ein wenig steuern können. 

Wie gesagt, das alles hier ist meine persönliche Wahrnehmung. Ich als Gelegenheits-Stadionbesucher käme nicht auf die Idee, eine Nordkurven-Karte zu kaufen. Dort sollen die stehen, die immer Zauber machen können, die jede Woche im Block ihren Mann oder ihre Frau stehen. Aber dennoch will ich mich im Stadion lautstark einbringen. In einigen Spielen konnte ich das zuletzt aus meiner Sicht nicht ausreichend. Und das steigert meine Verzweiflung, vor allem, wenn es auf dem Rasen mal holpert - oder endet, wie es bei Borussia irgendwann offensichtlich immer endet: mit fassungsloser Enttäuschung.

Euro League, Achtelfinale, Rückspiel (16.3.17): Borussia Mönchengladbach - FC Schalke 04 2:2 (Tore für Borussia: 1:0 Christensen, 2:0 Dahoud)        

2017-03-12

Umgerannt

Es gibt Tage, da kann man sich über Niederlagen schwarz ärgern. Und es gibt Tage, da muss man sie hinnehmen. Heute war ein Tag für letzteres, selbst wenn Sommer und Co. damit heute die große Chance auf einen Sprung nach vorn auf einen Euro-League-Platz ungenutzt ließen.
Der Hamburger SV hat sich das 2:1 heute verdient, daran gibt es keinen Zweifel. Wie die Mannschaft von Markus Gisdol die Borussen über 90 Minuten an- und totgelaufen hat, das war schon eindrucksvoll. Schon im Pokalspiel hatte sich angedeutet, dass Neuzugang Kyriakos "das Tier" Papadopoulos mit seinem brachialen Spiel den Hamburgern eine Kampfkraft einimpfen kann, der man sich nur schwer erwehren kann. 
Klar, auch heute wurden wieder viele Situationen an oder schon über der Grenze des Erlaubten geführt. Der HSV scheute diese Zweikämpfe nicht, hatte im Zweifel den Schiedsrichter auf seiner Seite (was nicht heißen soll, dass der am Spielausgang schuld wäre) und gewann so am Ende einen reinen Abnutzungskampf gegen sich tapfer dagegen stemmende Borussen, die aber kein Mittel gegen dieses enge Pressing fanden.  

Jetzt kann man lamentieren, dass doch in der ersten Hälfte alles für die Gäste lief: die Führung, weitere klare Chancen zum Erhöhen. Aber wenn man das gesamte Spiel anschaut, brachte die Hecking-Elf gerade mal eine handvoll vernünftige Angriffe in die Hamburger Hälfte. Vieles war Stückwerk, viele lange Bälle nach vorne und vor allem viele, viele verlorene zweite Bälle, weil der Gegner wacher und schneller schien.  Ein Bild, wie es schon am Donnerstag in der zweiten Hälfte auf Schalke zu beobachten war. Die Mannschaft stößt offenbar derzeit kräfte- und konzentrationsmäßig an Grenzen.

Also kritteln wir nicht an Josip Drmic herum, weil er das eigentlich sichere 2:0 nicht gemacht hat, sondern berücksichtigen wir, dass auch unter Hecking nicht alles klappt, was man sich erhofft. Zumal ein paar Dinge nach wie vor gegen Borussia laufen.
Das Verletzungspech ist nicht so dramatisch wie in der Hinrunde, aber irgendwie genauso wirksam: Ohne Stindl, Raffael, Hazard und Traoré fehlt offensiv nicht nur fußballerische Klasse, sondern nach den vielen Spielen in wenigen Wochen auch die Möglichkeit, den verbliebenen Spielern mehr Pausen zu geben. Dass ein fitter Spieler wie André Hahn von der Bank kommt und kämpferisch wie fußballerisch jegliche Bundesligaform vermissen lässt, ist dann in einem Spiel wie heute einfach auch mal zu viel der Last.

Kleiner Exkurs zum Thema Gerechtigkeit und Schiri-Entscheidungen: Wo an diesem Spieltag Bayern-Star Mats Hummels gegen Frankfurt für eine "Monstergrätsche" (mit offener Sohle von hinten) vor dem einschussbereiten Branimir Hrgota gefeiert wurde, bekamen heute gleich zwei Gladbacher (Strobl und Herrmann) für vergleichbare Szenen im Mittelfeld Gelb, obwohl sie jeweils klar den Ball gespielt hatten.

Was bleibt? Den Humor zu behalten - fällt leichter, wenn man nochmal an den unvergleichlichen Fritz von T. und T. denkt, der zwar nach wie vor Schwierigkeiten mit den Fußballregeln hat (Wann ist abseits, was ist foul?) uns aber heute wenigstens Gladbachs Neuzugang "Kolo-Skisack" näherbrachte. 
Und dann gilt es möglichst schnell wieder Kraft zu tanken. Zu hoffen, dass Raffael und Stindl am Donnerstag wieder zur Verfügung stehen. Dass Christensen und Vestergaard auf dem Niveau von heute weiterverteidigen und Yann Sommer so ruhig bleibt und zupackt wie in den vergangenen Spielen. 
Denn auch im dritten Spiel der Schalke-Serie wird dem VfL nichts geschenkt. Die Schalker werden genau beobachtet haben, wie wenig der HSV Borussia heute gestattet hat. Und sie werden es genauso machen wollen. Das bedeutet, dass die Spieler und wir Fans unter Umständen wieder so leiden werden wie heute. Umso wichtiger, dass von den Jungs die Löcher in der Knappen-Abwehr einmal mehr gefunden und auch ausgenutzt werden. 

Erst danach denke ich wieder an die Liga, an das Duell mit den übermächtigen Bayern und den etwas unangenehmen Fakt, dass der Abstand zu Platz 16 binnen kurzem von zwölf auf nur noch sechs Punkte geschrumpft ist. Der Blick nach oben ist nicht falsch, aber der nach hinten muss auch noch sein. Aber erst nach einer hoffentlich wieder magischen Europapokal-Nacht. Ich will am Donnerstag im Stadion meinen Teil dazu beitragen.

Bundesliga 2016/17, 24. Spieltag (12.3.17): Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach 2:1 (Tor für Borussia: 0:1 Christensen)

2017-03-10

Verdient glücklich

Kurz gesagt: Alles im Lot! Das Hinspielergebnis gegen Schalke ist in Ordnung - es lässt Borussia alle Chancen und bewahrt auch vor Leichtsinn. Das Rückspiel im Unterbewusstsein auf die leichte Schulter zu nehmen, wäre ja bei einem zweiten Sieg innerhalb weniger Tage nicht ganz abwegig gewesen. So aber bleibt die Konzentration ganz sicher hoch.

Eins ist klar: Über die gesamte Spielzeit gesehen war das Unentschieden für Gladbach nicht unverdient, aber doch glücklich. Vor allem der "Fels in der Brandung", Yann Sommer, garantierte dafür, indem er sein Team mehrfach hervorragend im Spiel hielt. Jonas Hofmann krönte seine steigende Bedeutung für die Mannschaft endlich mit seinem ersten Tor - und schmälerte den guten Eindruck anschließend durch eine weitere verpasste Riesenchance und zwei leichtfertig verdaddelte Alleingänge. 
Die gesamte Mannschaft belohnte sich letztlich für eine engagierte Abwehrschlacht, in der sie in der letzten halben Stunde kaum noch zum Luftholen kam. Das ist schlecht, weil die Spielkontrolle teils völlig verloren ging, aber es stärkt auch das Selbstvertrauen, wenn man solche Phasen unbeschadet übersteht. 
Man muss heute aber auch die Rahmenbedingungen berücksichtigen. Die natürliche Müdigkeit nach vielen kraftraubenden Spielen und die personellen Schwächungen wogen schwerer als gedacht. Kolo ist noch lange kein Ersatz für Christensen, auch wenn er sich mit fortschreitender Spielzeit von seinem gruseligen Auftakt heute und am Samstag nach der Einwechslung etwas freispielen konnte. 
Dazu kam, dass Vestergaard auf der rechten Innenverteidigerposition nicht ganz so effektiv war wie links. Ihm fehlte sichtlich der gewohnte dänische Abwehr-Partner. Tobias Strobl ersetzte Kramer solide, half viel hinten aus, doch ein Kramer in Galaform wie zuletzt hätte dem VfL heute vielleicht noch etwas besser zu Gesicht gestanden. 
Hinzu kam, dass die Wechsel im Spiel nicht so fruchteten wie zuletzt. Hahn konnte den agilen Johnson in keiner Weise ersetzen und der für letzteren nach links rückende Jonas Hofmann fand auf der anderen Seite keine Bindung mehr zum Spiel. Die zuletzt gut harmonierenden Pärchen Wendt/Johnson und Jantschke/Herrmann bzw. Hofmann waren just in der Phase auseinandergerissen, als Gladbach ein paar Entlastungsangriffe und vielleicht einen erfolgreichen Konter gebraucht hätte. 
Da auch Raffael vielleicht angesichts der ausbleibenden Foulpfiffe in einigen Szenen zunehmend gefrustet wirkte, blieb vorne nur noch der Dauerrenner Stindl übrig - das war natürlich zu wenig, um wirksame Akzente gegen den Schalker Dauerdruck in den letzten 20 Minuten zu setzen. 

Und dann gab es ja auch noch einen Gegner. Es war schon abzusehen, dass sich ein mindestens ebensogut besetzter Bundesligakonkurrent nicht innerhalb von wenigen Tagen zweimal vom VfL so abkochen lassen würde wie am vergangenen Samstag. Schalke zeigte eine gute Reaktion auf das klare 2:4, wenn auch so richtig erst in der zweiten Halbzeit und begünstigt dadurch, dass Borussia mit dem 1:1 zur Pause doch schon ein kleines bisschen zufrieden schien und den Gegner über bissige Zweikämpfe mehr und mehr ins Spiel finden ließ. Bis dahin lief das Spiel eigentlich wie gemalt für die Gäste, die deutlich reifer und zielstrebiger agierten als die Königsblauen.

Zu den Unwägbarkeiten des Spiels gehörte heute leider der ziemlich unberechenbar pfeifende Schiedsrichter Kuipers. Erst warf er mit gelben Karten um sich, verwarnte Strobl in der dritten Minute für ein Allerweltsfoul. Als er nach drei Verwarnungen in kurzer Zeit merkte, dass mit dieser Linie in der Konsequenz nicht allzuviele Spieler den Schlusspfiff auf dem Platz erleben würden, ließ er die Karten trotz harter Fouls häufiger stecken. Im Laufe des Spiels wurde seine Zweikampfinterpretation immer beliebiger, was beide Teams  auszunutzen versuchten, am Ende eher mit Vorteil für Schalke.
Zweimal griff der Referee allerdings auch entscheidend in das Spiel ein, beide Male zuungunsten der Borussia. Das Ausgleichstor für Schalke fiel nach zwei klaren, aber ungeahndeten Fouls an Raffael. 
Und in der zweiten Hälfte hätte Johnson einen Elfmeter bekommen müssen, als er von Kehrer (der auch heute wieder in kaum einem Zweikampf ohne Foul auskam) abgeräumt wurde, ohne dass der eine Chance auf den Ball gehabt hätte. Es wäre dann auch die gelb-rote Karte für Kehrer gewesen, aber sei's drum. Für einen Schiedsrichter mit solcher internationaler Erfahrung war das jedenfalls eine unterirdische Leistung, die zum Glück keine schlimmeren Konsequenzen hatte.

Euro League, Achtelfinale, Hinspiel (9.3.17): FC Schalke 04 - Borussia Mönchengladbach 1:1 (Tor für Borussia: 0:1 Hofmann)

2017-03-04

Herr im Haus

Das war der erste Streich gegen Schalke - und was für einer. 
Das 4:2 und vor allem das phasenweise hervorragende Spiel der Borussia ist eine Genuugtuung für mehrere Dinge: Es war die verdiente "Rache" für das Hinspiel, wo Schalke den VfL quasi aus dem Nichts heraus und nicht besonders verdient abschoss und zugleich Borussias Hinserien-Krise in Gang setzte, die schließlich Dieter Hecking auf den Trainersessel brachte. Das haben sie jetzt davon.
Zweitens wäre alles andere als ein deutlicher Sieg für die Gastgeber heute ein Witz gewesen (wobei wir derer schon zu viele in dieser Saisons erlebt haben). 
Drittens war die Klatsche die gerechte Strafe dafür, dass Höwedes bei der Platzwahl die Regel des Anstands missachtete, nach der die Gastgeber in der zweiten Halbzeit auf ihre Kurve spielen. Ätsch, hat nichts genutzt, Schalke verlor das Spiel heute dann eben vor der Südkurve.

Und last, but not least, war es die Quittung für die foullastige blau-weiße Spielweise, der auch Schiedsrichter Gräfe heute Vorschub leistete, indem er die Vergehen der im Zweikampf häufig hilflosen Schalker zu oft ignorierte. Dann der Elfmeter, der nicht wirklich einer war: Er verdiente zu 100 Prozent das Prädikat "geschunden". Neben dieser ärgerlichen Szene, die das Spiel hätte kippen lassen können, fiel gerade der junge Kehrer über die ganze Spielzeit dadurch auf, dass er gefühlt in keinem Zweikampf ohne Foul auskam. Folgerichtig hätte er spätestens mit seiner Catchereinlage gegen Tony Jantschke nicht nur Gelb, sondern Gelb-Rot sehen müssen. Gleiches gilt für di Santo, der vor seiner dreisten Schwalbe, die Gräfe gut erkannte, schon zweimal ordentlich zugelangt hatte. So lag der Schiedsrichter zwar oft daneben, aber zum Glück nicht spielentscheidend.

Unter dem Strich steht heute ein hochverdienter Sieg, an dem es lediglich einmal mehr die Chancenverwertung zu bekritteln gäbe. Und die Phase Mitte der ersten Halbzeit, wo sich Kramer und Co zu passiv verhielten und sich mit Schalkes taktischer Umstellung schwer taten. Denn Gästetrainer Weinzierl gelang es, seinen anfänglichen Hühnerhaufen durch eine Umstellung in der Abwehr halbwegs zu stabilisieren. Vorher waren die Gladbacher Angreifer fast wie der Fuchs durch den Hühnerstall gefegt, ließen aber wieder viel zu viele Chancen ungenutzt. 
Nach der Halbzeit kam die Sicherheit ins Spiel zurück, das toll herausgespielte 2:1 brach den Bann. Ab da konnten die Gelsenkirchener froh sein, dass sie nicht noch zwei oder drei Tore mehr bekamen. Diese Dominanz schlug sich am Ende nicht an der Anzeigetafel nieder, auch weil, wie gegen den HSV, erneut ein ärgerliches Gegentor fiel, das nicht gut verteidigt wurde. 

Aber was soll's, es lohnt sich heute viel mehr, die hervorragenden Leistungen herauszustreichen. Da war Tony Jantschke, der heute auch nach vorne gute Akzente setzen konnte (dafür in der Defensive zwei ungewohnte Fehler hatte). Die Innenverteidiger Christensen (hatte den starken Burgstaller bis auf ein, zweimal gut im Griff) und der immer cleverer agierende Zweikampfkönig Vestergaard, laut Kicker mit einer Zweikampfquote von 100 Prozent, hielten hinten nahezu dicht. 

Natürlich überzeugte der zweifache Torschütze Fabian Johnson, der die Treffsicherheit aus der vergangenen Saison wiedergefunden zu haben scheint. Und nicht nur das: Er war auch als Pressingspieler, Verteidiger und Ballschlepper ungemein wertvoll. Genauso wie Lars Stindl, der erneut ein Wahnsinnspensum abspulte. Wahnsinnig machte mich fast Raffael, der mit Ausnahme der ersten beiden Minuten mehr als eine Stunde lang ganz schwach spielte, kaum einen Ball sichern konnte und schon gar nichts Produktives zum Spiel beisteuerte. Dann aber entschied er mit einem genialen Pass vor dem 2:1 und dem von Strobl herausgearbeiteten Tor zum 4:1 das Spiel. Der Brasilianer ist einfach ein Phänomen.

Ein solches ist auch Mo Dahoud, der nach zuletzt wechselhaften Leistungen heute unglaublich gut aufspielte. 13,41 Kilometer gelaufen, 90 Prozent Passquote und 67 Prozent gewonnene Zweikämpfe, das ist außerordentlich gut, zumal sich an den reinen Zahlen ja noch nicht die Spielfreude, die Qualität der Pässe und die Geschicklichkeit in den Zweikämpfen ablesen lässt, mit der er heute glänzte. 
Ein Schalker (Schöpf) lief sogar noch etwas mehr als Dahoud, aber insgesamt packte die Mannschaft von Dieter Hecking heute mit fast 125 gelaufenen Kilometern einen neuen Bestwert aus. Alle Achtung!

So kann es weitergehen. Aber wer denkt, der gleiche Gegner macht es Borussia am Donnerstag genauso leicht wie heute, wird Schiffbruch erleiden. Deshalb sollten tatsächlich im Vordergrund stehen, dass nun ein anderer Wettbewerb wartet. Und den Gegner stellt man sich am besten nicht als das Schalke von heute, sondern zum Beispiel als Nikosia, Krasnodar oder Lyon vor.
 
Bundesliga 2016/17, 23. Spieltag (4.3.17): Borussia Mönchengladbach - FC Schalke 04 4:2 (Tore für Borussia: 1:0 Johnson, 2:1 Johnson, 3:1 Wendt, 4:1 Raffael)

2017-03-01

Stabil ins Halbfinale

Nicht hochklassig, aber klasse aus der Affäre gezogen: Der VfL steht endlich mal wieder in einem DFB-Pokal-Halbfinale - und das verdient, mit einer abgeklärten Leistung, wenn auch nicht immer ganz souverän.

Das Team von Dieter Hecking ist ein Phänomen. Insgesamt gab es unter dem neuen Trainer bislang eine Bilanz von sieben Siegen, einem Remis und zwei Niederlagen. Fünfmal wurde zu Null gespielt und Borussia ist, wer kann das glauben?, vor allem auswärts eine Macht. Es war der sechste Erfolg in der Fremde hintereinander. 
Der hing gegen einen guten HSV heute aber bisweilen an einem seidenen Faden. Aber so ist es. Wenn es so gut läuft wie in den vergangenen Wochen, dann erwartet man von der Mannschaft insgeheim schnell mal wieder zu viel. Es kann nicht immer nur Zauberfußball sein, auch nicht oder gerade dann nicht, wenn es gegen einen Gegner geht, der gerade eine 0:8-Klatsche hinter sich hat. Daraus Folgerungen auf das nächste Spiel abzuleiten, bringen nur Sportreporter fertig, die bekanntlich in ihrer seltsamen eigenen Erwartungswelt leben.
Ein Feuerwerk musste man gegen einen angeschlagenen Gegner also nicht erwarten. Umso wichtiger war, dass es der VfL auch anders kann, wenn der Gegner den Passwirbel der Gladbacher Offensivabteilung gekonnt erstickt und selbst die Initiative ergreift wie die gut eingestellten Hanseaten in der ersten Halbzeit

Die Siege in Ingolstadt und heute in Hamburg waren nicht glanzvoll, beide Spiele hätten auch verloren gehen können. Doch das das nicht passierte, hat etwas mit der mentalen Stärke der Gladbacher Mannschaft zu tun. In der ersten Hälfte gingen heute viele Bälle im Mittelfeld verloren, in Zweikämpfen oder im unpräzisen Spiel nach vorne. Nur langsam holten sich Vestergaard und Co die Kontrolle über das Spiel zurück. Doch sie blieben konzentriert, stabilisierten sich, um den HSV dann in der zweiten Halbzeit im Stile einer Spitzenmannschaft für dessen ausgelassene Chancen der ersten Halbzeit zu bestrafen.

Natürlich, beide Tore fielen per Elfmeter. Doch beide Strafraumszenen waren auch sehenswert herausgespielt. Und wäre der VfL heute etwas zielstrebiger gewesen, hätte am Ende auch ein noch höheres (und dann zu hohes) Ergebnis auf der Anzeigetafel stehen können. So machte es ein zu schläfriges Verhalten (Jantschke und Christensen) gegen Bobby Wood kurz vor Schluss nochmal knapper als es war, was vor allem den wieder sehr sicheren Yann Sommer ärgerlicherweise um das verdiente Zu-Null brachte.   








Doch meckern ist heute fehl am Platz, der Einzug ins Halbfinale zählt, nicht das Wie. Bemerkenswert ist aber, dass wie gegen Ingolstadt vor allem das Defensivverhalten zu loben ist, auch wenn der Gegner durchaus einige hochkarätige Chancen zu verzeichnen hatte. Die Verteidigungsreihen sind wieder geschlossen, der Einsatz füreinander ist vorbildlich, die Laufleistungen außerordentlich. Borussia hat, so scheint es, die innere Balance zwischen Kunst und Arbeit wiedergefunden. Und kann es sich auch mal leisten, einen oder zwei Spieler über ein Spiel mitzuschleppen, denen nicht viel gelingt wie Mo Dahoud (im Spiel nach vorn) oder dem noch etwas zurückhaltenden Raffael heute. 

Spieler des Spiels war für mich heute Christoph Kramer, der quasi überall auf dem Platz zuhause zu sein scheint, unglaublich viele Zweikämpfe führt und meist gewinnt, Bälle sichert und das Spiel sehr gekonnt nach vorne ankurbelt. Jetzt ist er so richtig drin in seinem Element, er spielt endlich die Xhaka-Rolle, nur nicht so wie Xhaka.

Daneben will ich mal Oscar Wendt herausheben, ich habe ihn schließlich in der Hinrunde auch häufig kritisiert. Inzwischen ist er wieder eine wesentliche Stütze im Team und in der jetzigen Form kaum von Nico Schulz zu verdrängen. 
Gleiches gilt wohl auch Tony Jantschke und Julian Korb auf der rechten Abwehrseite, wobei letzterer erneut nicht mal im Kader stand. Es könnte sein, dass Juli sein Glück bald woanders versuchen wird. Denn um weiterzukommen, muss er regelmäßig spielen. Dass er das Zeug für die Bundesliga hat, weiß jeder. Dass er technisch und im Spiel nach vorne bedeutend besser ist als Tony, ist ebenfalls bekannt. 
Aber der kompromisslose "Fußballgott" hat im Moment eine enorm stabilisierende Wirkung im Hecking-Team. Und dann wären da ja auch noch Elvedi und auch Johnson, die die Korb-Position spielen könnten. Es könnte also sein, dass die nächsten vier Wochen nicht nur ein Fingerzeig für die noch erreichbaren Saisonziele der Borussia sein werden, sondern auch für personelle Veränderungen. 
Aber das sollte heute der Freude über den Halbfinaleinzug nicht die verdiente Aufmerksamkeit nehmen. Vor allem, wo Matthias Sammer am späten Abend noch das wohl bestmögliche Los herauszog: ein Heimspiel gegen Frankfurt.


DFB-Pokal 2016/17, Viertelfinale (1.3.17): Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach 1:2 (Tore für Borussia: 0:1 Stindl FEM, 0:2 Raffael FEM)